Entwicklung der heutigen Weine

 

Bis zum Anfang des 17. Jahrhundert hatte Wein den Vorzug, das einzige gesunde und - bis zu einem Punkt - haltbare Getränk zu sein. Wasser zu trinken war mindestens in den Städten sehr gefährlich. Das Bier, soweit es ohne Hopfen gebraut war, verdarb rasch. Es gab weder Spirituosen noch koffeinhaltige Getränke.
Europa trank damals Wein in Mengen, die man sich heute nur noch schwer vorstellen kann; eigentlich müssen alle ständig berauscht gewesen sein. Auf Wertbeurteilungen aus der Zeit vor 1700 kann man nicht allzu viel geben. Mit Ausnahme der anschaulichen Shakespearschen Beschreibungen "ein herrlich durchdringender Wein, und er parfümiert einem das Blut" beziehen sich die meisten Wertungen auf königlichen Empfehlungen oder Wunderkuren, weniger auf den Geschmack und die Eigenschaften des Weins.
Im 17. Jahrhundert wurde alles anders - zuerst durch Schokolade aus Mittelamerika, dann durch Kaffee aus Arabien und schließlich durch Tee aus China. Zur gleichen Zeit entwickelten die Holländer die Kunst des Destillierens. Das Bier wurde durch Hopfen haltbar, und in großen Städten gab es sauberes Wasser aus Leitungen wie einst bei den Römern.
Wenn der Weinbau nicht auf neue Ideen kam, stand ihm eine Katastrophe bevor. Es ist keine Zufall, dass wir die Entstehung der meisten Weine, die heute als Klassiker gelten, auf die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen können. Freilich wäre alles unmöglich gewesen, wäre nicht zur rechten Zeit die Weinflasche aus Glas erfunden worden.
Seit der Römerzeit hatte Wein sein ganzes Leben im Fass zugebracht. Flaschen oder vielmehr Krüge, meist aus Steingut oder Leder, dienten nur dazu, ihn auf den Tisch zu bringen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts ermöglichten Neuerungen in der Technik der Glasherstellung solidere und billigere Flaschen. Um etwa dieselbe Zeit brachte eine unbekannter genialer Kopf die Flasche, den Korken und den Korkenzieher unter einen Hut.
Nach und nach stellte es sich heraus, dass Wein in einer verkorkten Flasche viel länger haltbar blieb als in einem Fass, in dem er jederzeit nach dem Anzapfen wieder "losgehen" konnte. Außerdem entwickelte er sich anders - er entfaltete ein "Bukett". So entstand der vin de garde und mit ihm die Chance, für langlebigen Wein den doppelten oder gar dreifachen Preis zu erzielen.

 

 
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